Flores

Flores ist die viertkleinste und zugleich westlichste Insel der Azoren und zugleich ein Geheimtipp für Wanderer und Naturliebhaber. Die Insel ist wild und lieblich zugleich und hat immer Saison.
Rund 250 km nordwestlich von Faial liegt die Insel zusammen mit dem Nachbarn Corvo einsam im Atlantik. Auf Flores ticken die Uhren daher noch anders: es geht irgendwie gemütlich und gemächlich zu und viele Alltagsprobleme gibt es hier erst gar nicht.
Ihren Namen trägt die wohl hübscheste aller Azoreninseln zu Recht. Die Flora ist einzigartig. Monatelang blüht es in allen Farben. Hortensien, Cannas und Montbrezien reihen sich an Strassenrändern, Wanderwegen und an den Ufern der Kraterseen entlang. Allerdings verzeichnet man mit 1.500mm jährlich auch den meisten Niederschlag und am meisten Wind. Nicht selten erstrahlt daher ein üppiger Regenbogen über der Insel.

Die Geschichte von Flores beginnt Mitte des 15. Jahrhunderts: 1452 entdeckt sie Diogo de Teive zusammen mit dem kleinen Inselnachbarn Corvo. Im Jahr 1470 kommt der Flame Wilhelm von Hagen auf die Insel und sucht Bodenschätze – ohne Erfolg. Auch der Handel mit den Färberpflanzen Pastel und Urzela geht zäh von der Hand und er gibt wegen der schlechten Schiffsverbindung schnell auf.
Im frühen 16. Jahrhundert setzt eine richtige Siedlerwelle ein. Die neuen Bewohner kommen von Terceira, dem Festland und Madeira.
In den folgenden Jahrhunderten wird Flores immer wieder Ziel von Seeräubern.
Im 19. Jahrhundert machen amerikanische Walfänger fest und werben die jungen Männer der Insel zum gefährlichen Walfang ab. 1860 sticht das erste rein azoreanische Walfangboot von Flores aus in See.
Dass Flores nie den Anschluss verpasst hat, liegt an einer 1963 von den Franzosen errichteten militärischen Fernmeldestation. Für seine Offiziere baute Frankreich neben neuen Strassen ein neues Krankenhaus und auch ein Wasserkraftwerk. Die Insel erlebte im späten 20. Jahrhundert daher einen regelrechten Entwicklungsschub. Der Aufbau der Inselinfrasturktur war der Preis für die Nutzung der Militärbasis, die versteckt im Norden bei Ponta Delgada errichtet wurde. Noch heute versteht man Französisch auf der Insel und im Gegensatz zu allen anderen Azoreninseln weiter östlich kommen hier auch viel mehr französische Touristen zu Besuch..
1993 endet das Engagement der Franzosen und auf der Insel setzt wieder ein wenig Tristesse ein. Man versucht daher, den Jugendlichen wieder neue Anreize zu geben. Seit 1996 gibt es wieder eine Sekundarschule, so dass Schüler für ihre höhere Bildung nicht mehr auf andere Inseln müssen.

Die Dörfer sind klein. Sie liegen alle an bzw. oberhalb der Küste. Um einen weithin sichtbaren Kirchturm gesellen sich meist nur ein paar Häuser. Es gibt noch zahlreiche traditionelle Steinhäuser mit den typisch klein unterteilten Fenstern. Groß dagegen sind die Heilig-Geist-Tempel, denn sie müssen bei dem häufigen Niederschlag auch einmal die ganze Festgemeinde aufnehmen können.

In den kleinen Ortschaften lebt auch ein Großteil der Bevölkerung. Sie hat sich seit 1950 fast halbiert. Rund 4.000 Menschen leben heute noch auf der Insel – der Großteil in den beiden Hauptorten Santa Cruz und Lajes.
Beides sind eigentlich Dörfer, aber man findet auch einige nette Villen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Sie gehörten einmal den Offizieren amerikanischer Walfangschiffe. Heute muss man sein Geld anderweitig verdienen.

Die Menschen sind auf dem Feld oder der Weide beschäftigt, die von den azorentypischen mühsam aufgeschichteten Natursteinmauern voneinander getrennt sind. Viehzucht ist auch auf Flores eine der wichtigsten Einnahmequellen. Dazu kommt noch die Landwirtschaft. In den letzten Jahren hat auch der Tourismus ein wenig zugenommen und neue Anreize geschaffen. Die Fischerei dient nur noch der Eigenversorgung, denn der Walfang war schon lange vor der Aufgabe der Waljagd in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts nicht mehr lukrativ. Auch mit dem Einbringen von Meeresalgen wird man heute nicht mehr reich.
Viele Geschäfte haben am Mittag geschlossen. Abends genießt man in der Bar am Ort noch ein Gläschen Vinho Tinto. Auf Flores ist der Mensch noch Teil der Natur.

Die wenigen Badestellen sind gut besucht. Das Wasser ist Dank des Golfstroms angenehm warm. In den Felsenbecken lassen sich viele Fische aus der Nähe beobachten. Das Wasser ist sauber und klar und aus der Ferne sieht man Delphine, Haie oder auch einmal einen Wal.
Kombiniert man Baden und Aktivurlaub, so sind die Monate Juli bis Oktober ideal. Wanderfreunde haben es im späten Frühjahr bzw. Spätsommer dagegen bei Temperaturen um 20 Grad besser, obgleich es auch im Hochsommer nie zu heiss wird.

Die Straßen von Flores sind nicht immer auf höchstem Niveau. Stellenweise folgt ein Schlagloch dem nächsten. Inzwischen hat man allerdings begonnen die Ostseite auszubauen und auch im Hochland werden nach und anch die Pisten asphaltiert.
Von den geringen Entfernungen darf man sich allerdings nicht täuschen lassen, denn die Strassen schlängeln sich entlang der hügeligen Küsten auf und ab und geben dabei an mehreren manchmal auch unspektakulären Aussichtspunkten den Blick aufs Meer oder die tiefen Täler frei. Ab Santa Cruz erreicht man dennoch jeden Punkt auf Flores innerhalb einer dreiviertel Stunde.

Flores ist wie geschaffen für Wanderurlauber. Sie stellen die absolute Mehrheit aller Touristen. Hauptmonate sind der Juli und August. Mai und September zählen schon zur Nebensaison und im Winterhalbjahr findet man so gut wie keine Touristen auf der Insel. Dann hängen dichte Wolken über der Insel und bune Regenbogen erscheinen im Licht der tiefstehenden Sonne. Dann ist man auch einmal froh, wenn die Ferienunterkunft über einen kleinen Heizofen verfügt.
Flores ist in jedem Fall eine Insel der Extreme: bunte Blumenlandschaften, bizarre Felsen, steile Klippen, traumhafte Inselchen, unzählige Wasserfälle und enge dicht begrünte Täler mit einem endemischen Lorbeerwald machen Flores zu einem kleinen Paradies. Ganz gleich ob jugendlicher Rucksacktourist oder wanderfreudiger Rentner – auf beide trifft man gleichermassen.

Überhaupt ist Flores nicht nur eine wundervolle Wanderinsel sondern auch reich an Attraktionen. Durch die Luft schwebt ein Duft von nimmer endenden Blüten. Am Wegesrand stehen mossbehangene Baumheiden. Immer wieder sieht man prächtige Basaltsäulen und auch heisse Quellen sprudeln noch auf der Insel.

Die alten Saumpfade auf denen man früher von Dorf zu Dorf zog sind noch teilweise erhalten und überziehen die ganze Insel von Nord nach Süd mit einem Netz wunderbarer Wanderwege. Gerade der Westen von Flores ist ein Eldorado für Wanderfreunde. Leider werden die meisten Wege nicht mehr freigehalten so dass dieses Vergnügen auf alten Eselspfaden über kurz oder lang verschwinden wird.
Entlang der inzwischen teilweise auch ausgeschilderten Wanderwege trifft man auf hohe Wasserfälle. Sie prägen das Landschaftsbild vor allem an der Westküste von Flores und trieben nach ihrem Sturz in die Bäche noch bis ins letzte Jahrzehnt einige Wassermühlen an. Heute sind nur noch wenige funktionsfähig. An ihnen gewinnt man auch das beim Kochen beliebte Maismehl.

Die Küste fällt an schroffen Klippen meist steil ins Meer ab. An der zerfurchten Ostküste gibt es zahlreiche Taleinschnitte. Sie sind das jahrhunderte lange Werk der vielen kleinen Flüsse. Auf keiner anderen Insel trifft man auf soviele Wasserfälle und auch Wassermühlen.
Ein Abenteuer wert ist in jedem Fall eine Bootstour entlang der Küste. Man triift auf kuriose Felsformationen und kann gerade an der Ostküste einige Grotten entdecken. Wasserfälle stürzen ins Meer ab und die Klippen ragen steil auf. Überhaupt ist eine Bootsfahrt rund um die Insel immer lohnenswert. Nicht verpassen sollte man auf Flores die Enxareus-Grotte südlich von Santa Cruz. Die Meereshöhle ist über 50m lang und 25m breit und war auch schon Unterschlupf von Piraten.

Das Herz der Insel ist nicht besiedelt. Hier reihen sich die fruchtbaren grünen Weiden aneinander, fein getrennt durch im Sommer blau blühende Hortensienhecken. Durch den großen botanischen, geologischen und nicht zuletzt landschaftlichen Reichtum wurde ein Großteil des Hochlandes von Flores inzwischen unter Naturschutz gestellt. Gerade im Sommer versinken ab Ende Juni ganze Hügelketten in dem Blau und Rosa der Hortensien.

Die Hochfläche mit den unzähligen Vulkankratern ist dicht mit Moosen, Farnen, Flechten und einem urwüchsigen Waldgürtel bewachsen. Sie wird nur durch wenige teils nur geschotterte Wege durchschnitten die einen an den Kraterseen und der bezauberten Hügellandschaft vorbeiführen. Zwar kommt man nur holprig auf den Caminhos Florestais voran, dafür hat man seine Ruhe, denn im Hinterland der kleinen Insel trifft man kaum jemand an. Hier sind nur die Kaninchen zuhause, die einem überall über den Weg hoppeln. Wer Mitleid mit ihnen hat sollte vor jeder Kurve den Fuss vom Gas nehmen.
In den erloschenen Kratern blitzen dafür die sieben blau-grünen Seen auf. In ihnen tummeln sich die Forellen und an ihnen entlang kann man endlos laufen. Auf keiner anderen Insel der Azoren liegen die Kraterseen so dicht beieinander. Beim Angeln in den vielen Bächen kann man nicht nur Forellen fangen sondern auch in aller Ruhe entspannen.
Knapp 70% der Insel liegt höher als 300 m über dem Meer. Das Hinterland steigt zum Morro Alto hin bis auf 914 m Höhe auf. Von den Gipfeln des Pico dos Sete Pés, Pico da Burrinha, Pico da Marcela und dem mit 914 m höchsten Gipfel Morro Alto kann man die zerfurchte Landschaft mit ihren Seen und ausgewaschenen Flusstälern überblicken.

Im Westen stürzt die Küste steil und teils mehrere hundert Meter hoch ins Meer ab. Dementsprechend dramatisch zeigt sich das Bild der vielen Wasserfälle die das Wasser aus dem Hochland abführen.
Bei Faja Grande endet an der Ilheu de Monchique auch die die Europäische Union: die kleine Insel ist Europas westliches Ende und war früher ein Navigationspunkt für Seefahrer.