Graciosa

Graciosa ist mit 61 km² die zweitkleinste Insel der Azoren. Ihren Namen verdankt sie ihrer graziosen, ‚lieblichen‘ Landschaft.
Graciosa ist geprägt von flachen Höhenzügen und kleinen Vulkankegeln. Die Insel ist zwar nicht dicht besiedelt aber die Ortschaften und Siedlungen sind bunt über die ganze Insel hinweg verstreut.
Wahrzeichen Graciosas sind die Windmühlen aus dem 19. Jahrhundert von denen heute allerdings nur noch wenige funktionsfähig sind. Sie sind schon von weitem an ihren roten Hauben erkennbar. Viele wurden inzwischen renoviert.

Graciosa wurde im 15. Jahrhundert besiedelt. Bis heute lebt die Bevölkerung vor allem von der Landwirtschaft. Schon früh wurden Weizen, Gerste und auch Wein angebaut. Graciosa war die Kornkammer der Azoren. Inzwischen hat die Milchwirtschaft den Rang 1 eingenommen. Dazu wird noch Mais angebaut. Auf kaum einer anderen Insel trifft man so viele Bauern mit ihren Pferde- oder Eselskutschen und in der Stadt findet man Verbotsschilder für Kühe. Auf den Wanderungen trifft man noch auf Holzpflüge und alte Heuwagen und auch die Waschhäuser in den Dörfern sind noch gerne besucht.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Inseln ist auch das leicht hügelige Inselinnere von Graciosa besiedelt. Der Boden ist fruchtbar. Die Felder sind durch aufgeschichtete Trockenmauern unterteilt. Fast die komplette Fläche der Insel kann bewirtschaftet werden. Getreide nimmt heute jedoch keine so dominate wirtschaftliche Rolle mehr ein als in früheren Jahrhunderten. Die Felder bewirtschaftet man nur noch zum Eigenbedarf. Heute züchtet man Rinder, verwertet die Milch und baut vor allem im Norden kommerziell Wein an. Unzählige Trockenmauern unterteilen die Weinreben in kleine Parzellen unterteilt. Der Terra do Conde ist ebenso wie der Aguardente sehr beliebt und in den meisten Restaurants zu bekommen. Der Weinbaugenossenschaft sollte man einen Besuch abstatten.

Graciosa ist sehr flach und bekommt daher relativ wenig Niederschlag ab. Natürliche Wasserquellen sind rar. Man sammelt das Wasser daher in Brunnen und Zisternen. Dichten Wald gibt es in einem größeren zusammenhängenden Gebiet nur am Pico Timao nahe Praia.

Knapp 5.000 Menschen leben heute noch auf Graciosa. In den letzten 50 Jahren hat sich die Bevölkerung durch Auswanderung in die USA und nach Kanada mehr als halbiert. Auf Graciosa geht das Leben noch seinen gemütlichen Gang: wer kein Auto hat nimmt noch immer Pferd oder Esel als Transportmittel. Dementsprechend ruhig und gemächlich geht es zu. Stress und Hektik sind hier Fremdworte. Seit 1981 hat Graciosa einen eigenen Flughafen. Doch noch immer führen alle Wege nach außen über die Nachbarinsel Terceira. Ein dichtes Wegenetz durchzieht die Insel und bietet daher allen Wanderern genügend Varianten. Den wenigen Touristen begegnet man meist täglich wieder an einer anderen Ecke auf der Insel.

Die Verwaltung sitzt in Santa Cruz da Graciosa, einem kleinen freundlichen Ort mit 1.800 Einwohnern ohne Hektik mit angenehm beschattetem Platz im Zentrum und Gebäuden aus dem 18. Jahrhundert. Sehenswert sind die Kirchen und das mit viel Liebe wieder eingerichtete Volkskundemuseum.

Die Landschaft auf Graciosa ist abwechslungsreich. Es gibt Viehweiden, kleine baumbestandene Hügel und Weinberge die fein säuberlich mit Natursteinmauern aus Lavasteinen voneinander getrennt sind.
Die Insel dominiert die große Caldeira im Südosten, deren Alter man auf ungefähr 20.000 Jahre schätzt. Nur 398m hoch geht es zum höchsten Berg Pico Timao hinauf. Damit ist Graciosa auch die flachste Insel des gesamten Archipels.
Der nördliche Teil der Insel ist weitgehend flach. Die meisten kleinen Vulkankegel hier erreichen nicht einmal die 100m-Höhenmarke. Hier liegt die >Hauptweinbauregion. Die Landschaft zeigt sich allerdings recht einsam.
Die beiden als Viehweiden genutzten Höhenzüge Serra Branca und Serra Dormida bilden zusammen mit der Serra das Fontes eine natürliche Trennung vom Süden. Alle drei sind attraktive Wandergebiete. An der Serra das Fontes mit dem 375m hohen Pico do Facho findet man auch das mit rund 600.000 Jahren älteste Gestein der Insel. Die drei Höhenzüge sind allerdings mehr Hügel als eine richtige Bergkette. Nur die steilen Hänge der Serra das Fontes sind noch dichter mit der urtümlichen, meist flachen Vegetation der Insel bewachsen. Auf der Serra Branca drehen sich seit einigen Jahren auch die Flügel einiger Windkrafträder.
An der Küste gibt es ringsum viele kleine Buchten. Etwas vorgelagert sind vor allem die Felseninseln Ilheu da Praia und die wie ein gestrandeter Wal aussehende Ilheu da Baleia Lebensraum für zahlreiche Meeresvögel. Aber auch auf den vielen anderen kleinen vorgelagerten Insel sind viele Vögel angesiedelt.

Die kleinen Dörfer sind über die ganze Insel verstreut. Hier wird auch deutlich, warum man Graciosa auch die ‚Weiße Insel‘ nennt: die Häuser sind traditionell weiß getüncht. Außerhalb der Orte liegen zahlreiche kleine Bauernhäuser in den Feldern.

Unübersehbar auf Graciosa sind die alten Windmühlen, die in den letzten Jahren teilweise restauriert wurden und schon von weitem mit ihrem roten Dach in der Landschaft aufblitzen. Sie sind das Wahrzeichen von Graciosa. Früher waren es einmal über 35 und drei von ihnen könnte man noch heute gleich wieder in Betrieb nehmen.

Wer auf Graciosa Station macht, sollte einen Blick in die ca. 80m tiefe Schwefelgrotte Furna do Enxofre mit ihrem kleinen, warmen Schwefelsee werfen. Sie ist eine geologische Kuriosität. Man erreicht sie über eine Wendeltreppe im Vulkanschlot. Nimmt man sich einen örtlichen, erfahrenen Wanderführer, kann man auch andere weit weniger spektakuläre Grotten besuchen.

Mineralhaltiges Wasser gibt es im Süden in der 100 Jahre alten Therme von Carapacho. Sie soll Rheumaleiden mildern und auch Hautkrankheiten heilen.

Jedes Jahr in der Karnevalszeit sind die Strassen gefüllt, denn die fünfte Jahreszeit feiert man auf der kleinen Insel besonders. Dann geht es von einem Fest zum nächsten.